Die Vielfalt von Lesekreisen: Vom Wohnzimmer bis ins Fernsehen

Ob Lesekreis, Literaturkreis, Buchclub oder Leserunde – sie alle eint der Wunsch, gemeinsam zu lesen und darüber ins Gespräch zu kommen. Die Formen sind dabei ausgesprochen unterschiedlich: viele treffen sich privat, andere öffentlich, einige online. Für Verlage, Buchhandlungen und Bibliotheken ist diese Vielfalt eine große Chance, unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen und neue Formate zu entwickeln.

Wo Lesekreise stattfinden – Präsenz, Hybrid & Digital

Die meisten Gruppen treffen sich privat zuhause, etwa im Ess- oder Wohnzimmer, oft im kleinen Kreis von Freund*innen oder Bekannten. Öffentlich organisierte Kreise gibt es beispielsweise in Bibliotheken, Volkshochschulen, Kirchengemeinden und Buchhandlungen; Literaturhäuser bieten ebenfalls häufig Lesekreise an und in Schulen treffen sich Kinder und Jugendliche in Leseclubs.

Parallel dazu wächst die Zahl an hybriden und rein digitalen Formaten, besonders unter jungen Lesenden: Zoom- oder Discord-Gruppen, Lese-Communities auf Instagram oder Facebook, wo man monatlich bestimmte Bücher liest und sich online austauscht. So können auch Menschen teilnehmen, die örtlich weit voneinander entfernt sind oder flexible Zeitpläne haben.

Was gelesen wird: Von Bestsellern bis Klassikern

Am häufigsten diskutieren Gruppen aktuelle Belletristik – Bestseller, Neuerscheinungen, oft mit starkem Erzählstil oder gesellschaftlicher Relevanz.

Darüber hinaus gibt es Spezialisierungen: Gruppen, die sich auf Krimis oder Thriller, Sachbücher (Politik, Umwelt, Gesellschaft), Klassiker oder auf Literatur aus bestimmten Regionen (z. B. Skandinavien) konzentrieren. Viele Leserunden bleiben jedoch offen gegenüber Genres und mischen bewusst.

Wer diskutiert? – Vielfalt in den Gruppen

Die meisten Gruppen bestehen überwiegend aus Frauen, doch es gibt auch gemischte Gruppen, Paar-Lesekreise, genauso wie spezielle Jugendliche- oder Studierendengruppen. Teenager-Lesekreise entstehen häufig in Schulen oder Jugendbibliotheken – und online treffen sich junge Erwachsene besonders gern in Social-Media-Lesekreisen oder über Streaming-/Videoplattformen.

Praxisbeispiele: Von Podcasts bis Literaturhäusern

Hier einige konkrete Formate, die zeigen, wie abwechslungsreich Lesekreise in der Praxis sein können:

  • „Zwei Seiten – Der Podcast über Bücher“ (WDR, Christine Westermann & Mona Ameziane) – ein Literatur-Podcast, in dem jede Woche Bücher empfohlen, reflektiert und diskutiert werden.
  • „Mädels, die lesen.“ – ein Online- und Instagram-Buchclub von Helen Daughtrey, mit monatlichen Leserunden, Livestreams, Community-Austausch und sogar virtuellen Events wie Koch- oder Filmabenden.
  • Lesekreise eat.READ.sleep von NDR Kultur – private Gruppen, inspiriert durch den Podcast.
  • Literaturclub (SRF, Schweiz) – das „literarische Quartett“ im Schweizer Fernsehen. Mehrfach im Jahr werden hauptsächlich Neuerscheinungen besprochen.
  • Büchergilde Online-Lesekreis – Mitglieder tauschen sich in Zoom-Treffen aus und diskutieren gemeinsam Lektüren, organisiert der Buchgemeinschaft der Büchergilde.
  • Buchhandlung Christiansen – die mit dem Hamburger Buchhandlungspreis ausgezeichnete Buchhandlung bietet 5 Literaturkreise an, davon zwei für Kinder und Jugendliche

Chancen für die Buchbranche

Diese Beispiele zeigen, dass Lesekreise längst nicht mehr nur in physischer Präsenz stattfinden. Social Media, Podcasts und hybride Formate bieten zusätzliche Wege, Menschen zusammenzubringen. Literaturhäuser und Radiosender erweitern die Möglichkeiten – sie sprechen Zielgruppen an, die sich ansonsten weniger in klassischen Lesekreisen engagieren.

Für Verlage, Buchhandlungen und Bibliotheken heißt das:

  • Zielgruppenpräzision: Durch die Bandbreite an Gruppen (privat, öffentlich, online, thematisch, demografisch) können Verlage und Buchhandlungen ihre Titel passgenau platzieren und damit sehr unterschiedliche Lesende erreichen.
  • Neue Vertriebswege: Online- und Social-Media-Lesekreise sowie Podcasts bieten zusätzliche Kanäle für Buchmarketing und -diskussionen jenseits der klassischen Präsentationsorte.
  • Image- und Markenbildung: Kooperationen mit etablierten Formaten (z. B. Podcasts, TV-Leseclubs, Literaturhäuser) können die Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit von Büchern und Autor*innen deutlich erhöhen.
  • Langfristige Leserbindung: Lesekreise führen zu wiederkehrendem Austausch und regelmäßiger Lektüre – das schafft treue, gut informierte und besonders aktive Leser*innen.
  • Impulse für Programmentwicklung: Das Beobachten von Trends (z. B. welche Genres in welchen Gruppen beliebt sind) liefert wertvolle Hinweise für die Programmplanung, Veranstaltungsreihen oder Empfehlungen.
  • Zusammenarbeit: Kooperationen von Buchhandlungen und Bibliotheken oder mit bestehenden Communities (z. B. Mädels, die lesen., Mein-Literaturkreis.de) oder Literaturhäusern können die Sichtbarkeit erhöhen.

Fazit: Vielfalt nutzen – Chancen erkennen

Lesekreise, Literaturkreise, Buchclubs und Leserunden leben von Vielfalt – in Ort, Format, Themen und Zusammensetzung.

Wer diese Vielfalt erkennt, nutzt und unterstützt, schafft nicht nur lebendige Räume für Austausch, Lesefreude und kulturelle Teilhabe, sondern ergänzt sinnvoll sein Aktivitäten-Mix.